#28 – Außenfassade

Wenn das Kapitel Elektroinstallation mehr so der Aktionfilm war, dann war das Gewerk Außenfassade ein Thriller und dazu noch ein gutes Beispiel, warum es mit einem gewissen Risiko behaftet ist, wenn man Gewerke in Eigenleistung erbringt. In dem Fall Bestand meine Eigenleistung in dem Bereitstellen der Riemchen.
Vor der Vertragsunterschrift hatten wir uns bereits bei Rheinlandklinker in Aldenhoven in die Riemchen Jasmund Antik verliebt und baten EKB uns diese anzubieten. Da der Lieferant der EKB aus Niederkrüchten deutlich über den genannten Preisen von Rheinlandklinker lag, bot EKB uns an, diese selbst zu beschaffen. EKB würde dann im Festpreis den Verbau vorhalten. Gesagt, getan.
Ich bestellte also bereits Anfang 2019 die Riemchen inkl. Eckriemchen und vereinbarte, mich Anfang/Mitte 2020 sechs Wochen vor Lieferung nochmal bei Rheinlandklinker zu melden.

Am 28.04.2020 war es dann soweit. Die Riemchen wurden pünktlich auf die Baustelle geliefert, nachdem mir der Bauleiter rechtzeitig mitteilte, dass Ende April mit den Fassadenarbeiten begonnen wird.

Mit der Lieferung der Riemchen kam selbstverständlich auch die Rechnung in Höhe von ca. 5000 Euro mit einem Zahlungsziel von zwei Wochen.

Also dachte ich mir: Wunderbar, in zwei Wochen hängen die Kollegen an der Wand und dann sehe ich ja, ob Rheinlandklinker genug Riemchen und vor allem die richtigen Riemchen geliefert hat.

In den nächsten zwei Wochen passierte jedoch gar nichts. In der dritten Woche nach Anlieferung traf ich mich dann mit dem Chef der Verputzer/Fassadenbauer-Firma auf der Baustelle. Er entschuldigte sich für die Verspätung, beteuerte aber, dass es nächste Woche losgehen sollte. Als wir dann auf die Details der Fassade zu sprechen kamen, sagte er mir, dass er noch das Datenblatt der Riemchen benötigen würde.
Auf die Frage, wofür er dieses benötigt, erklärte er mir, dass die in der Zwischenzeit gelieferten Paletten Kleber und massenweise Dämmstoffplatten nur eine Freigabe für Riemchen mit einer max. Wasseraufnahme von 5 % und eine Riemchendicke von 15 mm hätten.
Verdutzt holte ich meinen Zollstock raus und ging zu den Riemchenpaletten, um direkt die Dicke der Riemchen zu messen: 20 mm
Zu Hause angekommen schaute ich auf der Homepage des Herstellers der Riemchen ins Datenblatt. Wasseraufnahme < 10%.

Na dankeschön. Nun saß ich da und ließ bezüglich der Frage, wie das wohl ausgehen würde, meiner Phantasie freien Lauf. Folgende Szenarian kamen mir dabei in der Sinn:

a) Die Riemchen können nicht verbaut werden und zurückgeben kann ich sie ebenfalls nicht, da speziell für mich aus ganzen Klinkersteinen geschnitten.

b) Der Verbau ist nur Möglich unter Anwendung zusätzlicher Sicherungsmaßnahmen mit einem Aufpreis von >3000 Euro.

c) „Herr van Zadelhoff, ich kann Sie Ihnen gerne drankleben, aber ich übernehme keine Gewährleistung, dass die nach dem ersten Frost noch an der Fassade sind.“

Also entschied ich dem Fassadenbauer erstmal kein Datenblatt zuzusenden und auch die EKB nicht davon zu unterrrichten, bevor ich nicht die Problematik verstanden und mir ein Bild davon gemacht hatte, wer für dieses Schlamassel verantwortlich ist. Im Internet fand ich hierzu relativ schnell die entsprechende Literatur.

Kurzfassung: Wenn Riemchen auf ein WDVS (Styrodurplatten an der Hauswand) geklebt werden, dann müssen die Art der Montage und die verwendeten Materialien beim Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) einem genormten Testprozedere unterzogen werden und erhalten dann je nach Ergebnis eine Freigabe für die kritischen Parameter, wie z.B. die Eigenschaft des Steins Wasser aufzunehmen, oder die Dicke der Riemchen, die natürlich im Zusammenhang mit dem Gewicht steht.

Nach einer kurzen Recherche fand ich dann auch schnell die DIBt Freigabe für die Sto-Produkte, die bereits auf meiner Baustelle lagen. Wasseraufnahme von max. 5 % und eine Riemchendicke von max. 15 mm. Shit.

Ein kurzes Telefonat mit der Leitung des DIBt später, durchstöberte ich den Downloadbereich des DIBt nach Freigaben anderer Hersteller (Brillux, Knauf, etc.) die eine Wasseraufnahme von min. 10% und eine Riemchendicke von 20 mm erlaubten.
Als ich min. zwei Hersteller fand, die für meine Riemchen eine Freigabe hatten, war ich ein stückweit erleichtert. Denn nun kam das Szenario d) in Betracht: Der Fassadenbauer läßt die Sto-Produkte abholen und besorgt die passenden Produkte für die seit 2018 bei EKB bekannten Riemchen.

Das bereits schon ordentliche Konfliktpotential des Szenario d) war dazu noch dadurch gesteigert, dass die Gerüstbauer die an der Hauswand säuberlich gestapelten Dämmplatten rabiat in Richtung Garten gefeuert hatten, als sie ihr Gerüst an jener aufbauen wollten, was im Nachhinein dem Zustand der Platten anzusehen war. :/

Auf den zwischenzeitlich abgesetzten Hilferuf in der Facebook Gruppe ‚Bauherren – allgemeiner Austausch / Tausch und Verkauf‘ meldete sich plötzlich Markus. Ein Bauherr aus dem Ruhrpott, der im letzten Jahr genau den gleichen Mist erlebt hatte und jetzt haltet euch fest: mit dem Riemchen Jasmund Antik, also genau unserem Riemchen.
Er erzählte mir die ganze Story, die darin endete, dass Brillux trotz eingeschränkter DIB-Freigabe bereit war, nach individueller Prüfung eine Sonderfreigabe für sein Bauvorhaben auszusprechen.

Sonderfreigabe? Macht Sto soetwas vielleicht auch?

Also nahm ich Kontakt mit Sto auf. Ich schrieb eine ausführliche Email und fragte, ob man mir helfen könne. Weitere Tage verstrichen, ohne dass ich eine Antwort erhielt. Alsos nahm ich den Hörer in der Hand und ließ mich bei Sto so lange weiterverbinden, bis ich an die Person gelangte, die bei Sto für die Freigaben der Produkte verantwortlich ist. Ich schilderte ihm meine Situation und konfrontierte ihn mit der unzureichenden Sto-Freigabe.
Daraufhin antwortete er: „Aber seit Januar haben wir doch bereits die neue DIBt-Freihabe für eine Wasseraufnahme von max. 25 % und 20 mm Riemchen.“
Weihnachten, Ostern…alles auf einen Tag!
Er schickte mir die neuste Freigabe per Email zu, die bei der DIBt noch nicht im Downloadbereich zum Download bereitgestellt wurde, welche ich dann zusammen mit dem Datenblatt an den Fassadenbauer gesendet hatte. Der Fassadenbauer kannte die Freigabe auch noch nicht, bedankte sich aber freundliche für die Information. Der Fassade stand jetzt nichts mehr im Wege.

Zwischen dem Aufkommen der Problematik und der erlösenden Information lagen 10 Tage. 10 Tage Stress, 10 Tage Ungewissheit, 10 Tage Anspannung und div. Anrufe von Rheinlandklinker, warum ich immer noch nicht die Riemchen bezahlt hätte :/

Das Ende vom Lied ist, dass der von mir eigenständig beauftragte Bausachverständige nach der Fertigstellung der Fassade nicht aus dem Stauen heraus kam. Er sagte, dass er eine so perfekt verarbeitete Fassade nur selten zu Gesicht bekäme und ja, das Erscheinungsbild der Fassaden ist bei uns in der Nachbarschaft tatsächlich ein großes Thema.